Di, 22.11.2022
Trotz Preiskorrektur nach unten: Käufer sind schwer zu finden

Die Immobilienpreise sinken seit Monaten – und derzeit ist kein Ende in Sicht, wie Studien zeigen. Selbst in hippen Städten wie Berlin, Hamburg oder München soll es weitere Korrekturen nach unten geben, auch weil das Angebot steigt. Gerade Bauträger finden kaum noch Käufer für neue Häuser und Wohnungen.

Alles wird teurer, nur Wohnungen und Häuser werden offenbar billiger. Der Trend zu sinkenden Immobilienpreisen bestätigt sich unter anderem in einer Auswertung von Interhyp. Gegen den allgemeinen Trend der hohen Inflation sind demnach die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen in Deutschland im dritten Quartal 2022 gegenüber dem zweiten Quartal um 4,3 Prozent (minus 23.000 Euro) gesunken auf einen Durchschnittspreis für eine finanzierte Immobilie inklusive Nebenkosten von 512.000 Euro.

„Die Zahlen zeigen, dass sich das zunehmende Angebot und die Rückgänge von Angebotspreisen auf den Portalen auch in realen Transaktionen widerspiegeln“, sagt Interhyp-CEO Jörg Utecht. Er begründet den Preisrückgang mit der schwierigeren Leistbarkeit durch die hohen Bauzinsen und die Inflation, dies führe zu einer „abwartenden Haltung“ bei Käufern. Der Vermittler für private Baufinanzierungen geht in den kommenden Wochen sogar von weiteren Preiskorrekturen nach unten aus.

Basis der Analyse sind Daten der in den vergangenen zehn Jahren über Interhyp vermittelten Immobilienkredite von rund 500 Banken, Bausparkassen und anderen Kreditgebern.

Neubau vom Bauträger: größte Rückgänge

Laut Interhyp verschärft sich jetzt ein Trend, der schon im zweiten Quartal 2022 zu erkennen war, als die Preise gegenüber dem Vorquartal bereits um 0,9 Prozent nachgegeben hatten. Damit wäre eine zehnjährige Preisspirale gebrochen: Vom ersten Quartal 2012 bis zum ersten Quartal 2022 hatte sich der bundesweite Durchschnittspreis einer Wohnimmobilie laut Interhyp von 290.000 Euro auf 540.000 Euro mit einem satten Plus von 86 Prozent noch nahezu verdoppelt.

Bei Neubauten von Bauträgern sind die aktuellen Preisrückgänge der Studie zufolge besonders eklatant: Interhyp berichtet hier von einem Minus von 5,1 Prozent auf durchschnittlich 577.000 Euro im Vorquartalsvergleich. Die Kosten für bestehende Immobilien seien dagegen nicht so stark gesunken – um 2,3 Prozent von 479.000 Euro auf 468.000 Euro inklusive Nebenkosten. Hier gibt es offenbar zunehmend Probleme, die Neubauten zu verkaufen.

Stephan Kippes, Marktforscher des Immobilienverbands IVD Süd in München, rechnet damit, dass der Rückgang der Preise hier aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Rückgang der Neubauzahlen einhergehen wird. Was das wiederum für die Preisentwicklung im kommenden Jahr bedeutet, sei schwer abzuschätzen. „Die Bauträger haben mehrere Probleme gleichzeitig“, sagt Kippes. Dazu zählen steigende Zinsen, unkalkulierbare Preissprünge und Knappheit bei Baumaterialien sowie Personalmangel bei Handwerkern und Baufirmen.

Immobilienmarkt: Weitere Preisrückgänge erwartet

Die Gesamtbetrachtung der ersten drei Quartale 2022 zeige zwar, dass der Durchschnittspreis für den Immobilienerwerb mit 531.000 Euro im Vergleich zum Gesamtjahr 2021 um sieben Prozent gestiegen ist, wie Interhyp-CEO Utecht erklärt, dabei werde es aber nicht bleiben: „Wir gehen davon aus, dass der Anstieg gegenüber dem Vorjahr in den nächsten Wochen weiter abflachen wird.“

Explizit hat Interhyp hat auch die deutschen Immobilienhochburgen Berlin, München und Hamburg in den Fokus genommen. In München bestätigt sich demzufolge der allgemeine Trend im dritten Quartal 2022. Hier sind die Immobilienpreise im Vorquartalsvergleich um 4,5 Prozent gesunken. Anders sieht es (noch) in Berlin und Hamburg aus, wo die Preise im gleichen Zeitraum um 2,4 Prozent beziehungsweise 3,7 Prozent gestiegen sind. Einen nachhaltigen Trend sieht Interhyp damit allerdings nicht: Wie in München geht Marktexperte Utecht auch in Hamburg und Berlin von weiteren Preiskorrekturen nach unten aus. Das zeigten bereits die Zahlen aus den ersten Wochen des vierten Quartals 2022.

Immobilienangebot steigt – ist aber kaum leistbar
„Es deutet sich an, dass sich der Markt gedreht hat“, sagt auch Kippes vom IVD Süd. Die Zeiten, in denen in den Städten zum Verkauf stehende Wohnungen und Häuser den Maklern quasi aus den Händen gerissen wurden, seien vorbei. „Die Anzahl der im Markt befindlichen Immobilien ist deutlich gestiegen“, so Kippes – in manchen Regionen habe diese sich verdoppelt. Dies führe dazu, dass Verkäufer mit sich über den Preis reden ließen.

Auf der anderen Seite stünden die Käufer, die nicht mehr so viel bezahlen könnten. Denn Ursache des größeren Angebots am Immobilienmarkt ist nach Auffassung von Kippes nicht, dass zuletzt sehr viel mehr gebaut worden wäre, sondern dass es länger dauert, bis Käufer gefunden sind.

Dass der Anstieg der Zinsen Immobilien für viele potenzielle Käufer unbezahlbar gemacht hat, legen Zahlen der Bundesbank nahe. In der ersten Jahreshälfte 2022 gab es einen kurzen Boom bei Wohnungsbaukrediten an private Haushalte. Viele Käufer wollten sich noch günstige Zinsen sichern. Rekordmonat war der März mit in Summe von mehr als 32 Milliarden Euro. Bis September halbierte sich das, die deutschen Banken verliehen nur noch 16 Milliarden Euro Wohnungsbaukredite an private Käufer.

Quelle: Haufe Online Redaktion