Mi, 15.02.2023
Immer weniger Deutsche träumen vom Eigenheim

Nur noch sechs Prozent überlegen sich, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Dabei sinken inzwischen die Preise – und die Mieten dürften weiter steigen.

Es könnte so schön sein, im eigenen Haus, in der eigenen Wohnung: nie mehr Miete zahlen, was Eigenes haben, mit genug Platz fürs Leben und vielleicht sogar fürs Arbeiten, womöglich mit Garten oder eigenem Raum fürs Hobby. Ein Traum, das vielleicht. Aber einer, der zunehmend unwirklich wird.

Nur noch sechs Prozent der Deutschen planen in diesem Jahr, eine Immobilie zu bauen oder zu kaufen – gerade noch halb so viele, wie vor zehn Jahren. Das zeigt eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Bausparkasse BHW, die der SZ vorliegt. Der Boom am Häusermarkt ist damit offenbar nicht nur auf den Baustellen, sondern auch bei den Maklern abrupt zu einem Ende gekommen – obwohl die Kaufpreise inzwischen tendenziell sinken, während die Mieten gerade in und um die Großstädte weiter steigen.

Dass sich immer weniger Menschen eine eigene Immobilie finanzieren, zeichnet sich seit einigen Monaten ab. So brach die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten im vierten Quartal so stark ein, wie noch nie seit der ersten Erhebung der Daten 2003, teilte jüngst die Bundesbank mit. Dass sich nur noch so wenige Menschen das eigene Haus oder die eigene Wohnung überhaupt konkret vorstellen, dürfte die Krise weiter verschärfen.

Und nicht nur Kaufen wirkt offenbar zunehmend abwegig, auch der Eifer beim Renovieren lässt deutlich nach: So planen in diesem Jahr laut der Umfrage nur 14 Prozent eine energetische Sanierung – auch nur noch halb so viele wie vor einem Jahrzehnt. Dabei müsste der Energieverbrauch der Gebäude dringend runter, um die laufenden Heizkosten zu senken und um die Klimaziele zu erreichen. Dafür hatte die Bundesregierung eigens die Förderung umgestellt: deutlich weniger für den Neubau, dafür mehr für die Sanierungen. Aber auch das scheint zu verpuffen.

Dabei sind Kredite im vergangenen Jahr rasant teurer geworden. Gab es eine private Baufinanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung Anfang 2022 im Schnitt noch für ein Prozent Zinsen, stieg der Wert bis zum Herbst auf gut vier Prozent. Seitdem geht es mal etwas rauf, mal etwas runter – dass Darlehen bald wieder ernsthaft günstiger werden, glaubt aber kaum jemand, im Gegenteil: Erst Anfang Februar hob die EZB ihren Leitzins auf nunmehr drei Prozent, gleich verbunden mit der Ankündigung, dass es im März einen weiteren halben Prozentpunkt raufgehen soll. Er rechne deshalb „mit einem tendenziell steigenden Zinsniveau für Baufinanzierungen“, sagt etwa der Chef des Kreditvermittlers Dr. Klein, Michael Neumann.

Viele wünschen sich die Villa, kaum jemand das Reihenhaus

„Durch die Zinswende ist nicht mehr alles finanzierbar, schon gar nicht, wenn kein Eigenkapital vorhanden ist“, sagt BHW-Chef Henning Göbel. Und dann verschenken offenbar noch viele das Geld vom Staat. Nur für etwa jeden fünften potenziellen Kauf und jede vierte geplante Sanierung sei bei der Finanzierung auch die Förderung eingeplant, so die Umfrage. Und die Kaufpreise? Die sinken zwar – aber noch nicht genug, um die höheren Kosten für den Kredit aufzuwiegen. So zeigen aktuelle Daten, dass sich Wohnimmobilien vom dritten aufs vierte Quartal zwar im Schnitt um 1,8 Prozent verbilligten – aufs Jahr gesehen aber stiegen die Preise dennoch, um immerhin 2,1 Prozent. Demnächst dürften die Preise zwar weiter fallen, erwartet man beim Verband der Pfandbriefbanken – „allerdings insgesamt weiterhin auf moderatem Niveau“, sagt Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. Und selbst wenn Immobilien um 15 Prozent billiger würden, stünde man „auf dem Preisniveau von Anfang 2020“.

Und zumindest eines ändert sich nicht: Das Traumhaus schlechthin bleibt für die Hälfte der Deutschen das freistehende Einfamilienhaus. Das sei zwar „die mit Abstand teuerste und am wenigsten nachhaltige Variante“, sagt BHW-Chef Göbel. Ein Doppel- oder Reihenhaus wollen trotzdem nur sechs beziehungsweise fünf Prozent, auch wenn sie deutlich günstiger wären. Wer träumt schon vom Leben Wand an Wand mit dem Nachbarn?

Quelle: Süddeutsche Zeitung