Heizung runterdrehen und sparen – das versuchen angesichts der horrenden Energiepreise viele Mieter. Ob es etwas bringt, wird sich bei der Heizkostenkostenabrechnung 2022 noch nicht zeigen. Auch auf sparsame Haushalte kommen laut einer Prognose von Techem hohe Nachzahlungen zu.
Die Heizkosten sind im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 99 Prozent gestiegen – das gilt bei Gasheizungen. Bei Ölheizungen liegt das maximale Plus bei 59 Prozent. Insgesamt müssen Mieter mit einer Kostensteigerung zwischen 49 Prozent (Erdgas) und 63 Prozent (Heizöl) rechnen. Das sind Ergebnisse der Heizkostenprognose des Energiedienstleisters Techem.
Mieter werden in Folge in diesem Jahr mit einer teils drastischen Mehrbelastung bei der anstehenden Heizkostenabrechnung konfrontiert sehen. Trotz relativ milder Temperaturen und der wachsenden Bereitschaft von Vermietern und Mietern, den Sparmaßnahmen umzusetzen beziehungsweise den Energieverbrauch zu reduzieren.
Heizkosten: Deutlicher Anstieg bei Öl und Gas
Die Preisentwicklung für fossile Energieträger trägt laut Techem zu einem massiven Kostenanstieg bei, wie die vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellten Zahlen belegen. Nach Auswertung der Daten, heißt das konkret, dass die Ölpreise im Jahresvergleich um 83,8 Prozent und die Gaspreise um 67,6 Prozent gestiegen sind, trotz eines gegenüber 2021 wärmeren Jahres 2022 (11,4 Prozent). Das schlage sich vor allem in den Heizkosten nieder, so Techem. Im gesamten Bundesgebiet kommen auf die Haushalte höhere Preise für Öl (plus 62,8 Prozent) und Gas (plus 48,5 Prozent) zu – die Folge für 2023: hohe Nachzahlungen bei der Heizkostenabrechnung.
„Energiesparen bleibt das Gebot der Stunde“, sagt Techem-CEO Matthias Hartmann. Er ist der Ansicht, dass mit smarten Technologien das Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch geschaffen und das Nutzerverhalten optimiert werden kann. „Allein dadurch lassen sich bis zu 15 Prozent des Energieverbrauchs und der damit verbundenen Kosten einsparen“, so Hartmann.
Energieverbrauch: Der Norden heizt am teuersten
In den Gebieten um Mannheim oder Düsseldorf zeichnet sich nach Datenauswertung von Techem ein deutlicher Rückgang des Energieverbrauchs im untersuchten Zeitraum ab: An Neckar und Rhein haben Verbraucher im Schnitt 15 Prozent weniger Raumheizwärme gebraucht. Aber auch um Städte wie Lahr im Schwarzwald (16 Prozent) oder Kempten im Allgäu (14,6 Prozent) misst der Energiedienstleister deutliche Verringerungen zum Vorjahresniveau.
Anders sieht es im Norden aus. Hier müssen Mieter und Eigentümer mit den höchsten Nachzahlungen für Öl und Gas rechnen: Auf Teile des Nordens wie Schleswig, Cuxhaven oder Kiel-Holtenau kommen zum Beispiel Mehrkosten für Erdgas von durchschnittlich knapp 60 Prozent zu.
Grundlage der Techem-Verbrauchsprognose ist ein Vergleich von Gradtagszahlen auf Basis von Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) aus den Jahren 2021 bis 2022 sowie Daten des Statistischen Bundesamtes zu Erdgas- und Heizölpreisen im betreffenden Zeitraum. Ob Mehrkosten für die Haushalte anfallen und in welcher Höhe sie ausfallen, lässt sich nach Abrechnungserstellung sagen.
Energiesparmaßnahmen: Mieter und Vermieter ziehen an einem Strang
Seit dem 1.9.2022 gilt die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV). Die schreibt verpflichtende Energiesparmaßnahmen für öffentliche Gebäude und Einrichtungen bis Februar 2023 vor. Auch private Haushalten sind durch die EnSikuMaV sowie die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) angehalten, Energie zu sparen.
Eine Umfrage von Techem im September und Oktober 2022 unter 154 Privatvermietern seines Netzwerkes und weiteren 1.000 privaten Vermietern, die das Marktforschungsinstitut Gapfish online befragt hat, zeigt sich, dass die Hälfte der Vermieter (50 Prozent) sowie fast alle Mieter (90 Prozent) angesichts der aktuellen Lage dazu bereit sind, Energiesparmaßnahmen umzusetzen – obwohl sie an den meisten Stellen nicht verpflichtend sind.
Die befragten Vermieter planen demnach als kurzfristige Maßnahmen auch freiwillig, den Mietern Informationen zu Energiesparmaßnahmen zur Verfügung zu stellen (46 Prozent) sowie jährlich eine Heizungsprüfung machen zu lassen (45 Prozent). Die Informationspflicht gegenüber Mietern ist bei mehr als zehn Wohneinheiten, die mit Gas beheizt werden, seit dem 1.1.2023 verpflichtend.
Als längerfristige Maßnahmen planen jeweils 23 Prozent der Vermieter den Wechsel auf erneuerbare Energien und einen Austausch der Heizungsanlage. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Vermieter sieht wiederum keinen Bedarf für die eigene Immobilie. Knapp ein Drittel (31 Prozent) will die aktuellen Entwicklungen abwarten, und knapp ein Viertel (23 Prozent) verfügt nicht über die nötigen finanziellen Mittel. Die Mehrheit (55 Prozent) der Mieter würde ohne zu Meckern ein Aussetzen der vertraglich geregelten Mindesttemperatur mittragen, zwei Drittel wollen den Warmwasserverbrauch reduzieren und 43 Prozent das Lüftungsverhalten anpassen.
Ohne Digitalisierung keine Energiewende
Mit dem Handelsblatt Research Institute hat Techem bereits vor zwei Jahren in einem „Factbook“ unter dem Titel „Digitalisierung der Energiewende“ Beispiele technischer und ökonomischer Potenziale sowie Lösungsvorschläge für eine Wärmewende in Wohngebäuden erarbeitet. Die notwendigen Maßnahmen seien aber ohne eine beschleunigte Digitalisierung und innovative Technologien nicht möglich, heißt es in dem Papier.
Im Techem-Factbook kommt auch dem Quartiersgedanken eine Rolle zu: „Durch die Vernetzung von Gebäuden mit funkbasierter Messtechnik und Sensorik von der Wohnung bis in den Heizungskeller sind ganzheitliche Energiekonzepte ableitbar“, schreiben die Autoren. Digitale Leitstände ermöglichten ein umfassendes Monitoring und eine Steuerung des Energie- und Wärmeverbrauchs. So könne der Energieverbrauch im Vergleich zur Wärmedämmung mit relativ niedrigen Investitionen gesenkt und die Effizienz gesteigert werden.
Wie die Techem-Umfrage von November 2022 zeigt, setzen bisher allerdings nur wenige der Befragten auf digitale Helfer: Lediglich neun Prozent der Mieter erwägen demnach den Kauf eines smarten Thermostats; und auch bei den Vermietern gibt es mit 19 Prozent noch Luft nach oben bei dieser vergleichsweise geringinvestiven und einfach umzusetzenden Energiesparmaßnahme.
Quelle: Haufe Online Redaktion