Seit Monaten versucht die Europäische Zentralbank (EZB) die Inflation mit höheren Leitzinsen zu bekämpfen. Doch die Teuerung hat an Breite gewonnen. Das Ifo Institut rechnet damit, dass der Zins weiter angehoben wird: auf vier Prozent bis zum Sommer. Mit Folgen für Immobilienkredite.
Das Ifo Institut erwartet weitere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Inflation sei von Energie und Nahrungsmitteln auf viele andere Produkte übergesprungen und habe an Breite gewonnen. „Es besteht die Gefahr, dass sich die Inflation verfestigt“, sagte Ifo-Inflationsexperte Sascha Möhrle am 1. Februar in München. Das erhöhe den Handlungsdruck für die EZB. „Wir gehen davon aus, dass die Zinsen bis zum Sommer auf vier Prozent steigen werden“, sagte er.
Im Jahr 2023 erwartet das Ifo Institut eine Verlangsamung des Preisanstiegs. Doch laut Möhrle dürfte die sogenannte Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) in Deutschland bei 4,9 Prozent und damit weit über der EZB-Zielmarke von zwei Prozent bleiben. Da sich im übrigen Euro-Währungsgebiet eine ähnliche Entwicklung abzeichne, werden die EZB wohl weiter an der Zinsschraube drehen.
Entwicklung der Bauzinsen: Rapider Anstieg in Deutschland
Bei den bisherigen Leitzinserhöhungen haben sich auch Immobiliendarlehen verteuert: Im Laufe des Jahres 2022 sind die Bauzinsen von unter einem Prozent auf knapp vier Prozent gestiegen. Auch für 2023 stehen die Zeichen auf hoher Volatilität im Bereich von drei bis vier Prozent, prognostizierte kürzlich der Finanzierungsvermittler Interhyp. Im Januar lagen demnach die Konditionen für zehnjährige Immobiliendarlehen bei rund 3,9 Prozent.
Laut einer Studie von Immowelt, Immoweb und Meilleurs Agents kletterten die Zinsen für Immobilienkredite in Deutschland im Mittel für eine 90-Prozent-Finanzierung Ende 2022 sprunghaft auf mehr als vier Prozent. Derzeit sei die Tendenz zwar wieder leicht sinkend, aber etwa Wohnimmobilien würden in Folge flächendeckend günstiger angeboten als vor einem Jahr.
Keine Erholung in Sicht: Bauzinsen weiter unter Druck
Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Kreditvermittlers Dr. Klein, geht nicht davon aus, dass die Zinsen für Baufinanzierungen demnächst nachgeben. Im Gegenteil: Er hält einen Anstieg auf bis zu fünf Prozent im Verlauf des Jahres für möglich, wie er Mitte Januar 2023 mitteilte.
Laut Dr. Klein liegt der aktuelle repräsentative Bestzins bei 3,44 Prozent (Stand: 16.01.2023). Auch Neumann sieht die Inflationserwartung seitens der EZB als Auslöser: „Christine Lagarde hat die mittelfristigen Prognosen nach oben korrigiert und angekündigt, die Leitzinsen nachzuziehen. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie die hohe Inflation weiterhin entschlossen bekämpft“, so Neumann. Darauf habe der Markt reagiert und weitere Zinsschritte eingepreist. Zumindest für das Frühjahr.
Neumann rechnet wie das Ifo Institut für das erste Halbjahr ebenfalls mit einem Zinsniveau von mehr als vier Prozent. „Schwankungen können dabei immer wieder in Richtung drei Prozent gehen, aber auch eine zeitweise Fünf vor dem Komma will ich nicht ausschließen.“
Quelle: Haufe Online Redaktion