Fr, 23.09.2022
Energiepreiskrise: Entlastung für Vermieter und Mieter kommt

Weniger Umsatzsteuer auf den Gasverbrauch, Strompreisbremse, neuer Heizkostenzuschuss beim Wohngeld: Die Ampel-Spitzen haben ein drittes Entlastungspaket beschlossen, um weitere Erhöhungen bei den Energiepreisen abzufedern. Die für Mieter und Vermieter relevanten Maßnahmen im Überblick.

Die Bundesregierung erwartet teils starke Erhöhungen der Preise für Gas und Strom in den kommenden Monaten. Um Privathaushalten und Unternehmen unter die Arme zu greifen, hat sich die Ampel-Koalition deshalb am 3.9.2022 auf ein mehr als 65 Milliarden Euro schweres drittes Entlastungspaket verständigt. Einige der Maßnahmen haben Wirkungen bis weit über den Winter hinaus. Andere sollen kurzfristig greifen.

Die folgenden Maßnahmen sind für den Mietwohnungsmarkt besonders relevant. Ein Überblick.

Strompreisbremse: Basisverbrauch wird günstiger

Privathaushalte sollen die Strommenge für den Basisverbrauch zu vergünstigten Preisen erhalten. Finanziert werden soll das Ganze mit Einnahmen durch eine neue Erlösobergrenze für Energieunternehmen. Zudem sollen die beim Strompreis relevanten – voraussichtlich steigenden – Netzentgelte damit bezuschusst werden.

CO2-Umlage wird ausgesetzt

Die am 1.1.2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne wird um ein Jahr auf 2024 verschoben – ebenso wie die Folgeschritte verschoben werden sollen. Derzeit liegt der CO2-Preis bei 30 Euro pro Tonne. Der CO2-Preis soll laut aktuellem Stand künftig nach einem „Stufenmodell“ zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden.

Wohngeld: Dauerhafter Heizkostenzuschuss ab 2023

Ein weiterer einmaliger Heizkostenzuschuss soll im Herbst 2022 an Wohngeldempfänger gehen. Er beträgt 415 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt, 450 Euro für zwei Personen und für jeden weiteren Bewohner 100 Euro. Im Zuge der für Anfang 2023 geplanten Wohngeldreform soll der Zuschuss inklusive einer Klimapauschale zur dauerhaften Komponente des Wohngelds werden.

Der Kreis der Wohngeldberechtigten wird auf zwei Millionen erweitert. Zum Vergleich: Ende 2020 bezogen nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes 618.200 Haushalte Wohngeld.

Studierende und Berufsfachschüler sollen eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro erhalten.

Mieter: Mehr Schutz bei Nebenkosten

Mieter sollen gegebenenfalls vor einer Überforderung durch steigende Nebenkostenvorauszahlungen geschützt werden. Strom- und Gassperren sollen vermieden werden.

Die SPD-Fraktion hatte Ende August ein Papier lanciert, in dem ein sechsmonatiger Kündigungsschutz für Mieter und eine Nachjustierung der Gas-Umlage gefordert wird. Das Kündigungsmoratorium ist in dem jüngst von der Ampel-Koalition beschlossenen Maßnahmenpaket nicht enthalten.

Umsatzsteuer auf Gas wird gesenkt

Als Ausgleich für die Gasumlage, die ab dem 1.10.2022 befristet eineinhalb Jahre greift, wird die Umsatzsteuer auf den gesamten Gasverbrauch bis Ende März 2024 von 19 auf sieben Prozent gesenkt – so soll die Gas-Umlage ausgeglichen werden.

Drittes Entlastungspaket: Reaktionen aus der Immobilienbranche

„Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung ist wichtig und notwendig. Es dürfte damit gelingen, die größten ansonsten zu befürchtenden sozialen Verwerfungen zu verhindern“, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Ihm fehlt jedoch Klarheit darüber, wie die Maßnahmen, etwa beim Wohngeld, für Wohnungsunternehmen konkret ausgestaltet werden. „Hier drängt die Zeit, denn eine wachsende Zahl der sozial orientierten Wohnungsunternehmen ist angesichts hoher Vorauszahlungen an die Energieversorger insolvenzbedroht“, so Gedaschko.

Auch das Einlenken der Bundesregierung auf das EU-Vorhaben, die Strompreise zu deckeln, sei absolut richtig. Dass Studierende mit einer Energiepreispauschale von nur 200 Euro entlastet werden, während Rentner 300 Euro erhalten, hält der GdW-Chef wiederum für falsch.

Dem Präsidenten des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, fehlt das von der SPD geforderte Kündigungsmoratorium, ein Energiepreisdeckel und Heizkostenzuschüsse für einkommensschwache Haushalte ohne Wohngeldanspruch. Die Regierung gehe das Problem der immer höheren Mieten, die neben den explodierenden Energiepreisen bezahlt werden müssen, nicht wirklich an. „Deshalb muss der Justizminister endlich wirksame mietpreisbegrenzende Maßnahmen auf den Weg bringen“, sagte Siebenkotten.

Auch aus der Opposition im Bundestag kommt Kritik. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bemängelte unter anderem, dass es keinen Stopp der Gas-Umlage gab – und die Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Hendrik Wüst (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne), forderten eine baldige Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Das Entlastungspaket habe massive Auswirkungen auf die Länderhaushalte, sagte Kretschmann der Deutschen Presse-Agentur.

Entlastungspakete: Was bisher schon galt

Um Mietern und Wohnungseigentümern unter die Arme zu greifen, hat die Bundesregierung im Februar und März 2022 bereits zwei andere Entlastungspakete beschlossen: Unter anderem ist am 1.7.2022 die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom weggefallen, statt wie zunächst geplant erst Anfang 2023 – die schlug gehörig auf die Stromrechnung auf. Einkommenssteuerpflichtige Erwerbstätige erhielten zudem einmalig 300 Euro brutto; für finanzschwache Haushalte gab es einen Heizkostenzuschuss. Dazu kamen Zuschläge für Familien mit Kindern und höhere Freibeträge bei der Steuererklärung.

Alle drei Pakete zusammen kosten 95 Milliarden Euro, wie Scholz bei der Vorstellung der Ergebnisse am 4. September in Berlin sagte. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten etwa 18 Stunden lang bis zum Sonntagmorgen über Details verhandelt. Neben Scholz nahmen unter anderem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) an den Beratungen teil.

Quelle: Haufe Online Redaktion