Fr, 11.11.2022
Bundesbank-Präsident Nagel erwartet auch 2023 sieben Prozent Inflation und fordert weitere „große Zinsschritte“ der EZB

– Wichtige europäische Notenbanker beginnen, die Märkte auf weitere kräftige Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank vorzubereiten.
– Bundesbank-Chef Joachim Nagel sagte, er erwarte auch für 2023 eine zu hohe Inflation von sieben Prozent. Es seien daher weitere „große Zinsschritte“ der EZB nötig.
– EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sagte „Politico“, die EZB werde die Zinsen an dem Ziel der Preisstabilität von zwei Prozent ausrichten. Das sei auch für das Wirtschaftswachstum besser.

Wichtige Notenbanker haben begonnen, die Märkte auf weitere deutliche Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) vorzubereiten. „Weitere Zinserhöhungen sind erforderlich, um die Inflationsrate zurück auf zwei Prozent zu bringen“, sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel am Dienstag. Zur Höhe wollte sich Nagel nicht festlegen, sagte aber: „Ich weiß nur, dass große Zinsschritte notwendig sind.“

Die EZB hatte die Zinsen zuletzt Ende Oktober um 0,75 Prozentpunkte auf 2,00 Prozent erhöht. Die nächste Zinsentscheidung steht im Dezember an.

Nagel gab einen Ausblick für die Inflation im Jahr 2023. „Auch im kommenden Jahr dürfte die Inflationsrate in Deutschland hoch bleiben. Ich halte es für wahrscheinlich, dass im Jahresdurchschnitt 2023 eine Sieben vor dem Komma stehen wird“, prognostizierte Nagel. „In jedem Fall dürfte die Inflationsrate für Deutschland also noch länger erhöht bleiben.“

Parallel dazu sagte der EZB-Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, dem Medium „Politico“: „Wir werden die Zinsen weiterhin auf ein Niveau anheben, das sicherstellt, dass die Inflation wieder mit unserer Definition von Preisstabilität in Einklang kommt.“ Dies ist nach Definition der EZB bei einer Inflationsrate von zwei Prozent der Fall. Zu Kritik, zu hohe Zinsen würden die ohnehin angeschlagene Wirtschaft bremsen sagte De Guindos: „Wenn wir die Wachstumsaussichten verbessern wollen, ist es sehr wichtig, die Inflation zu bekämpfen.“

Vor allem der Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise heizt die Teuerung seit mehr als einem Jahr an. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Oktober um 10,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. In Deutschland stieg die Teuerungsrate im Oktober auf 10,4 Prozent, nach vergleichbarer Rechnung der EZB sogar auf 11,7 Prozent.

Je länger die Inflation hoch bleibe, umso schwieriger werde es für die Geldpolitik, Preisstabilität wiederherzustellen, warnte Nagel. Damit drohe sich die Inflation mittelfristig auf hohem Niveau zu verfestigen. „Daher werde ich mich weiter dafür einsetzen, dass wir als EZB-Rat keinesfalls zu früh nachlassen, dass wir die geldpolitische Normalisierung weiter hartnäckig vorantreiben – auch wenn unsere Maßnahmen die Wirtschaftsentwicklung dämpfen“, betonte Nagel, der im EZB-Rat über die Geldpolitik mitentscheidet.

„Inflation ist ein hartnäckiges Phänomen. Wenn das so ist, dann müssen wir in der Geldpolitik eben noch ein bisschen hartnäckiger sein“, sagte der Bundesbank-Präsident. Ansonsten drohten deutlich höhere gesamtwirtschaftliche Kosten.

Die Äußerungen Nagels und de Giondos unterscheiden sich leicht von jüngsten Signalen der US-Notenbank Fed. Ihr Chef Jerome Powell hatte angedeutet, das Tempo der Zinserhöhungen zu drosseln – auch mit Rücksicht auf die angeschlagene Konjunktur in den USA.

Quelle: Business Insider