Wer eine unrenovierte Wohnung bezieht, kann seinen Vermieter zu Schönheitsreparaturen auffordern. An den Kosten müssen sich die Mieter aber beteiligen.
Erfurt. Wer seit Langem in einer unrenoviert übergebenen Mietwohnung lebt, kann seinen Vermieter zu Schönheitsreparaturen wie Streichen verpflichten. Die Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Zustand der Wohnung seit dem Einzug deutlich verschlechtert hat. Zudem müssen sich die Mieter an den Kosten der Maßnahmen beteiligen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) an diesem Mittwoch in zwei Fällen entschieden (Aktenzeichen VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18). „Soweit nicht Besonderheiten vorliegen, wird dies regelmäßig eine hälftige Kostenbeteiligung bedeuten“, heißt es in einer Mitteilung.
Bereits im Jahr 2015 urteilte der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 185/14), dass Vermieter Renovierungsarbeiten wie Schönheitsreparaturen bei unrenovierten Wohnungen nicht auf die Mieter abwälzen dürfen, sofern sie für die Arbeiten nicht eine Ausgleichszahlung des Vermieters erhalten. Klauseln in Mietverträgen, die den Mieter dennoch zur Renovierung auffordern, sind unwirksam.
Nun musste der Bundesgerichtshof entscheiden, ob stattdessen die Vermieter die Renovierungsarbeiten durchführen müssen. In einem der beiden Fälle hatte ein Mieter seine Wohnung 2002 unrenoviert übernommenen. 2016 forderte er vom Vermieter Tapezier- und Anstricharbeiten. Basierend auf einem Kostenvoranschlag forderte er rund 7300 Euro für die Arbeit. Im zweiten Fall hatte ein Mieter die Wohnung 1992 bezogen und forderte 2015 vergeblich Renovierungsarbeiten.
Der BGH entschloss sich mit seinem Urteil für eine Kompromisslösung – und sorgt damit für Unzufriedenheit auf allen Seiten. Dass sich der Mieter an den Renovierungskosten beteiligen soll, sei unverständlich, kritisiert der Deutsche Mieterbund (DMB). „Das Urteil wird außerdem zu weiterem Streit über die Kostenaufteilung führen und dient nicht dem Rechtsfrieden“, sagt DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.
Unzufrieden ist auch der Vermieterverband Haus & Grund. Das Misstrauen zwischen Mietern und Vermietern könne wachsen. „Das Urteil ist mit Blick auf die Kosten des Wohnens ein verheerendes Signal für Mieter und Vermieter“, sagt Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke.
Ist der Vermieter verpflichtet, während eines laufenden Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen auszuführen, müsse er diese Kosten in die Miete einpreisen, sagt Warnecke. Mieter, die nur wenige Jahre in einer Wohnung leben, würden dadurch mit höheren Kosten belastet, auch wenn sie selbst nichts von einer Renovierung hätten. Haus & Grund fordert eine Klarstellung im Gesetz: Schönheitsreparaturen sollen Mietersache sein. Der Protest des Mieterbunds ist ihm gewiss.
Quelle: Handelsblatt