Mi, 03.04.2019
Am Mietmarkt gibt es erste Signale der Entspannung

Eine aktuelle Studie prognostiziert ein absehbares Ende des Mietenanstiegs in deutschen Städten. Mancherorts könnte es sogar abwärts gehen.

Düsseldorf.Die Wohnungsmieten kennen in Deutschland seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Weder verschiedene politische Gegenmaßnahmen – allen voran die Mietpreisbremse – noch eine rege Bautätigkeit konnten daran bisher etwas ändern. Doch jetzt gibt es Signale der Entspannung. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag veröffentlichte Studie des Berliner Immobilienanalysehauses Empirica.

„Die Botschaft ist: Es gibt Licht am Ende des Tunnels“, sagt Reiner Braun, Autor der Studie und Empirica-Wohnungsmarktexperte. Sein Optimismus beruht auf einer einfachen marktwirtschaftlichen Überlegung: Wird ausreichend viel gebaut, um die Wohnungsnachfrage zu befriedigen, steigen die Mieten nicht mehr.

Deshalb setzte Braun die aktuellen Fertigstellungszahlen ins Verhältnis zum Wohnungsbedarf der kommenden Jahre. Das Ergebnis: Es wird fast ausreichend viel gebaut. „Die Lücke zwischen Bedarf und Fertigstellung hat sich in den vergangenen vier Jahren um mehr als zwei Drittel geschlossen“, sagt Braun.

Inzwischen entstünden deutschlandweit jährlich etwa 300.000 Wohnungen. Das seien zwar immer noch 50.000 Wohnungen weniger, als benötigt wurden, um die Nachfrage zu befriedigen. Vor vier Jahren jedoch habe diese sogenannte Fertigstellungslücke noch bei jährlich fast 180.000 Wohnungen gelegen.

„Das Wichtigste aber ist, dass sich Angebot und Nachfrage in den besonders hart von Mietsteigerungen betroffenen Städten annähern“, betont Braun. In den sieben Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart würden bis 2022 jährlich nur noch 7.000 Wohnungen zu wenig gebaut.

„Die Knappheit wird also nicht mehr größer – und das wird den Mietenanstieg bremsen“, ist der erfahrene Marktbeobachter überzeugt. „Einen solchen Verlauf haben wir auch in den 1990er-Jahren erlebt“, erinnert sich Braun. Auch damals waren Mieten und Kaufpreise aufgrund hoher Zuwanderungszahlen und großer Nachfrage privater Anleger und Wohnungskäufer stark gestiegen. Als die Bautätigkeit danach kräftig anzog und den Bedarf mehr als deckte, sanken Mieten und Kaufpreise wieder.

Kaum Effekt auf Kaufpreise
In einigen Metropolen – allen voran in Frankfurt – könnte die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in den kommenden Jahren sogar ein Niveau erreichen, das die Nachfrage übersteige, vermutet Braun. In Frankfurt sei dies wahrscheinlich der Fall, in Berlin eher nicht, für München erwartet der Experte einen ausgeglichenen Markt.

Aktuelle Zahlen untermauern Brauns Prognose. So meldete der Maklerverband IVD erst vor wenigen Tagen, dass der rasante Anstieg der Mieten in NRW-Großstädten vorerst gestoppt sei. Nach teils zweistelligen Steigerungsraten in den Vorjahren seien die Mieten 2018 noch um durchschnittlich vier Prozent gestiegen. In Köln, der größten nordrhein-westfälischen Stadt mit vergleichsweise hohem Zuzug, seien die Mieten gerade noch um ein Prozent – also weniger als die Inflationsrate – gestiegen.

Ob stagnierende oder gar auf absehbare Zeit leicht sinkende Mieten allerdings auch den Anstieg der Kaufpreise bremsen werden, ist wenig wahrscheinlich. „Die Kaufpreise haben sich bereits in den vergangenen Jahren deutlich von den Mieten entkoppelt“, erläutert Braun.

Der zu erzielende Mietertrag spiele schon seit Jahren nur noch eine untergeordnete Rolle bei der Preisbildung von Mehrfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen. Viel entscheidender sei der hohe Anlagedruck der Investoren. Sie sehen angesichts der niedrigen Verzinsung vergleichbar sicherer Anlagen nur wenig Alternativen zum Immobilienkauf und dürften auch weiterhin hohe Preise akzeptieren.

Schließlich gebe es keine Anzeichen, dass sich das Umfeld für Anleger in absehbarer Zeit ändere. Das bedeutet im Umkehrschluss: Immobilienanleger werden mit weiter sinkenden Renditen rechnen müssen – bei womöglich steigenden Risiken.

Quelle: Handelsblatt