Do, 29.04.2021
Die Möblierungs-Hilfe: So umgehen Vermieter die Mietbremse

Die Beschränkungen gegen Mietpreiserhöhungen machen Immobilienbesitzer offenbar erfinderisch. Eine Studie zeigt: Der Anteil von möblierten Wohnungen steigt massiv.

Frankfurt. Bei der Beschreibung der kleinen Mietwohnung im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen wurde nicht mit Superlativen gespart. Die Immobilie sei ein „Wohntraum“, heißt es, „dein neues Zuhause am Mainufer“. Zwei Zimmer, möbliert – und vor allem mit einem wahrhaft spektakulären Mietpreis: 1500 Euro für 50 Quadratmeter. Das ist mehr als doppelt so viel, wie der Durchschnittsmieter in Frankfurt monatlich an seinen Vermieter überweist.

Wer eine Wohnung sucht, findet häufig solch teure Angebote in den entsprechenden Onlineportalen, und das nicht nur in der hessischen Metropole. Immer öfter werden in Deutschland Immobilien nicht leer und besenrein, sondern möbliert angeboten – und zu Preisen weit über denen am allgemeinen Immobilienmarkt.

Der Markt für möbliertes Wohnen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Und nach Einschätzung des Hamburger Immobilienspezialisten F+B dürfte sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen.

Zwar soll auch in Frankfurt die Mietpreisbremse dafür sorgen, dass Wohnungen bei Neuvermietungen nicht mehr als zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete angeboten werden dürfen. Doch die Regelungen für möblierte Wohnungen ermöglichen unerwartet viel Spielraum.

Diese unterliegen zwar grundsätzlich auch den Miethöheregulierungen und Kündigungsfristen des Bundesgesetzbuches (Paragraf 558 ff BGB). Ausgenommen sind aber möblierte Wohnungen, die nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet werden oder wenn der (teil-)möblierte Wohnraum zu einer vom Vermieter selbst genutzten Wohnung gehört. Will der Vermieter die Miete für eine dieser Wohnungen erhöhen, kann er nach Angaben des Deutschen Mieterbunds auf die ortsübliche Vergleichsmiete einen Möblierungszuschlag berechnen.

Allein eine Einbauküche genügt nicht

Wann eine Wohnung als möbliert gelten darf, ist gesetzlich nicht abschließend definiert. Auch eine teilweise Möblierung wird mietrechtlich als angemessen eingestuft, allein eine Einbauküche anzubieten, genügt allerdings nicht.

Faktisch seien die Überprüfung der angemessenen Möblierungszuschläge und die juristische Beurteilung des „vorübergehenden Gebrauchs“ aber so aufwendig, dass sich viele Vermieter nicht gebunden fühlten und die „Preisbildung weitgehend Angebot und Nachfrage unterworfen ist“, hat F+B beobachtet.

Dazu kommt, dass aufgrund der kürzeren Mietdauer dieser Wohnungen Vermieter die Preise häufiger erhöhen könnten. F+B-Experte Manfred Neuhöfer erklärt, dass „eine Grauzone der Wohnraumvermietung existiert, die insbesondere in den Metropolen zu beobachten ist“. Das geht aus der exklusiven F+B-Studie hervor, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Die ausgewerteten Daten beziehen sich auf Inserate, in denen eine Wohnung als möbliert angeboten wird.

Wie sehr sich das für Vermieter lohnt, zeigt die Preisentwicklung in den vergangenen Jahren: Von 2006 bis 2020 stiegen die Marktmieten für möblierte Wohnungen deutschlandweit um 78 Prozent, während die Preise für unmöblierte Immobilien „nur“ um 31 Prozent zunahmen. Allein zwischen 2015 und 2020 zogen die Preise für möblierte Objekte um 28 Prozent an, die für unmöblierte Wohnungen um 18 Prozent.

Dabei ist es für Münchener Mieter am teuersten: Sowohl 2006 als auch 2020 waren in der bayerischen Landeshauptstadt die Preise für möblierte Wohnungen am höchsten, mit 15,36 Euro beziehungsweise 27,04 Euro pro Quadratmeter. Am günstigsten waren möblierte Wohnungen in Leipzig: 2006 mussten deren Mieter im Schnitt 6,38 Euro pro Quadratmeter zahlen, vergangenes Jahr waren es 13,32 Euro pro Quadratmeter.

Strengere Auflagen machen erfinderisch

Dass einige Vermieter ihre Wohnung im wahrsten Sinne des Wortes aufmöbeln, belegt der steigende Marktanteil der möblierten Wohnungen: Weniger als drei Prozent betrug der Marktanteil möblierter Wohnungen laut der aktuellen F+B-Studie im Jahr 2016. 2020 waren es 18 Prozent.
Und in Zukunft könnte der Anteil noch steigen. Denn selbst wenn der Berliner Mietendeckel durch die Entscheidung des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts vom Tisch ist, fürchtet die Immobilienbranche, dass die Politik weitere Maßnahmen zugunsten der Mieter beschließt, nicht nur in Berlin.

F+B geht davon aus, dass das Angebot und der Anteil möblierter Wohnungen ansteigen werden, zumindest wenn „die Marktverhältnisse eine deutlich höhere Miete durch eine Möblierung realisierbar erscheinen lassen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn ordnungspolitische Maßnahmen die Mietpreissteigerungen im unmöblierten Segment begrenzen, während die Einnahmeperspektiven der möblierten Vermietung freier bleiben und die Mietpreisdifferenz zwischen unmöblierten und möblierten Wohnungen folglich steigt.“

Quelle: Handelsblatt