Mo, 14.10.2019
Eine sozialverantwortliche Wohnungspolitik für Menschen, nicht für Märkte

Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion

Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, dass es für alle Menschen in Deutschland
angemessenen und bezahlbaren Wohnraum gibt. Die anhaltend angespannte Situation auf
dem Wohnungsmarkt zeigt: Wir brauchen eine grundlegende Trendwende in der
Wohnungspolitik, eine mutige Vision mit sachlicher Diskussion.

Als zentrale Bausteine einer Wohnwende wollen wir:
1. einen Mietenstopp einführen, um den Menschen in angespannten Wohnungsmärkten
eine fünfjährige Atempause zu geben,
2. die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie Eigenbedarfskündigungen
beschränken, um Missbrauch und Verdrängung zu verhindern,
3. mindestens 100.000 neue Sozialwohnungen jedes Jahr schaffen,
4. mit einem Sozialpakt zwischen der Wohnungswirtschaft, Mieter*innen und der
öffentlichen Hand dem Wohnungsneubau neue Impulse durch Förderung,
Vereinfachung und Verantwortung geben,
5. die Kommunen bei einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik unterstützen und
Bodenspekulation bekämpfen,
6. Online-Vermietungsplattformen der Sharing Economy regulieren und gerecht
besteuern,
7. mit einem zentralen Immobilienregister für Transparenz auf dem Wohnungsmarkt
sorgen,
8. mit dem Mietkauf gezielt Wohneigentum für einkommensschwache Haushalte
fördern,
9. die Umlagefähigkeit der Grundsteuer bei den Betriebskosten begrenzen.

1. Mietrecht schärfen
Problem:
Das Verhältnis von Mieten zu Einkommen hat sich in den vergangen Jahren nicht nur in den
Metropolen, sondern auch in vielen mittelgroßen Städten in Deutschland dramatisch
verschlechtert. Die hohen Mietpreise führen zu Verdrängung und wachsender Unsicherheit
bei Mieter*innen in diesen Orten.
Ziel:
Unser Ziel ist es, dass alle Menschen in diesem Land gut, bezahlbar und sicher leben
können. Das bedeutet, dass Menschen keine Angst haben sollten, verdrängt zu werden (z.B.
durch Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und unregulierte Mietpreisanstiege)
und niemand mehr als ein Drittel des Einkommens für die Miete ausgeben muss. Um dieses
Ziel zu erreichen schlagen wir folgende mittel- und langfristigen Maßnahmen vor:
Lösung:
Mietenstopp einführen: In Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten dürfen
die Mieten für fünf Jahre nur in Höhe der Inflation steigen. Über diese fünf Jahre
hinaus sollte generell die Kappungsgrenze, bis zu der die Mieten innerhalb von drei
Jahren erhöht werden dürfen, auf zehn Prozent abgesenkt werden. Alternativ
könnten die Regelungen zur Kappungsgrenze auch dadurch verschärft werden, dass
in angespannten Wohnungsmärkten die maximal mögliche Mieterhöhung von 15
Prozent nur noch innerhalb von fünf Jahren zulässig ist, statt wie bislang innerhalb
von drei Jahren. Falls ein Mietenstopp und eine Verschärfung der Kappungsgrenze
auf Bundesebene derzeit nicht umsetzbar sind, begrüßen wir es, wenn die
Bundesländer die Möglichkeit nutzen, einen öffentlich-rechtlichen Mietendeckel im
Landesrecht einzuführen.
Mietpreisbremse verlängern und präzisieren: Die Evaluierung der
Mietpreisbremse hat gezeigt, dass sie bereits zur Begrenzung von Mietsteigerungen
geführt hat und ein wichtiger Baustein für einen besseren Mieter*innenschutz ist. Wir
begrüßen, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen
Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat, der es den Bundesländern ermöglicht, die
Mietpreisbremse bis Ende 2025 zu verlängern, und die Möglichkeiten zur
Rückforderung zu viel gezahlter Miete erleichtert. Unser Ziel ist es, dass Mieter*innen
zu viel gezahlte Miete zurückverlangen können – und zwar ohne Wenn und Aber. Es
ist ein wichtiger Schritt, dass wir uns in der Bundesregierung auf Druck der SPD
darauf verständigt haben, dass Mieter*innen künftig zu viel gezahlte Miete 30 Monate
ab Vertragsschluss rückwirkend zurückfordern können. Um die Rückforderung zu viel
gezahlter Miete für Mieter*innen noch weiter zu erleichtern, wollen wir darüber hinaus
die bislang geltende Rügepflicht komplett abschaffen. Außerdem fordern wir, dass die
Mietpreisbremse in ganz Deutschland gilt und nicht wie bislang nur in von den
Bundesländern durch Rechtsverordnung ausgewiesenen Gebieten. Bis dieses Ziel
erreicht ist, setzen wir uns dafür ein, dass die qualifizierten Begründungspflichten
gestrichen werden, damit Länder einfacher wirksame MietpreisbremsenVerordnungen erlassen können.
Schutz von Mieter*innen vor hohen Modernisierungskosten verbessern: Es ist
ein wichtiger Schritt, dass durch das Mieterschutzgesetz seit dem 1. Januar 2019 nur
noch acht statt vorher elf Prozent der Modernisierungskosten auf Mieter*innen
umgelegt werden können und erstmals eine Kappungsgrenze für die Umlage von
Modernisierungskosten eingeführt wurde. Gleichzeitig muss der Schutz von
Mieter*innen vor Mieterhöhungen infolge von Modernisierungen noch weiter
verbessert werden. Deswegen setzen wir uns zunächst für eine weitere Absenkung
der Modernisierungsumlage auf vier Prozent ein. Langfristig wollen wir den
Modernisierungsaufwand im Rahmen des Mietspiegels innerhalb der ortsüblichen
Vergleichsmiete abbilden.
Verbot von Index- und Staffelmieten: Der ursprüngliche Zweck für Staffelmieten
wird in der Praxis häufig ins Gegenteil verkehrt: Vermieter*innen soll durch die
Vereinbarung von Staffelmieten Planungssicherheit gegeben und damit
Investitionsentscheidungen erleichtert werden. Tatsächlich nutzen viele
Vermieter*innen Staffelmieten aber als unkomplizierte Möglichkeit für
Mieterhöhungen. Für sie entfallen dadurch aufwändige Mieterhöhungsverfahren, bei
denen sie die zulässige Miete ermitteln müssen und bei denen das Risiko besteht,
dass Mieter*innen Widerspruch einlegen. Investitionen in die Mietsache erfolgen
entgegen der eigentlichen Zielsetzung von Staffelmieten während der
Vertragslaufzeit nur selten. Aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes stimmen
Mieter*innen Staffelmieten häufig zu, ohne eine wirkliche Wahl zu haben. Diese
Benachteiligung von Mieter*innen wollen wir durch ein Verbot von Index- und
Staffelmieten beseitigen.
Härtefallklausel: Die aktuelle Mietpreisentwicklung hat zur Folge, dass Mieter*innen
häufig einen großen Teil ihres Nettoeinkommens für die Miete aufwenden müssen.
Das gilt insbesondere für Menschen mit niedrigen Einkommen und Familien. Wir
wollen deshalb die bestehende Härtefallklausel insbesondere infolge von
Modernisierungsumlagen verbessern.
Betrachtungszeitraum für Mietspiegel: Durch die starken Mietsteigerungen der
letzten Jahre ist auch die ortsübliche Vergleichsmiete gestiegen. Deshalb begrüßen
wir, dass sich die Bundesregierung darauf verständigt hat, den Betrachtungszeitraum
bei der Erstellung von Mietspiegeln von vier auf sechs Jahre zu erweitern. Hierdurch
können mehr Mietverhältnisse bei der Erstellung von Mietspiegeln einbezogen
werden. Um die Datenbasis von Mietspiegeln noch weiter zu verbessern und die
Dynamik stark ansteigender Mieten noch stärker abzufedern, setzen wir uns für eine
weitere Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf acht Jahre ein.
Bindungszeitraum für Mietspiegel: Die Verlängerung des Bindungszeitraums für
Mietspiegel werden wir, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, von zwei auf drei Jahre
verlängern.
Mietwucher unterbinden: Nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz liegt eine
Ordnungswidrigkeit vor, wenn die Miete die üblichen Mieten vergleichbarer
Wohnungen um mehr als 20 Prozent übersteigt. Die Ordnungswidrigkeit kann derzeit
mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Wir schlagen eine
Erhöhung auf 100.000 Euro vor. In seiner gegenwärtigen Formulierung findet die
Norm allerdings keine Anwendung mehr. Um Mietwucher wirksam zu unterbinden, ist
die Sanktionsmöglichkeit praxistauglich auszugestalten. Denkbar ist in diesem
Zusammenhang, den Regelungsgegenstand in das Zivilrecht zu überführen.
Eigenbedarfskündigung einschränken: Mit unvermieteten Wohnungen lassen sich
höhere Kaufpreise erzielen als mit vermieteten Wohnungen. Deshalb wird in der
Praxis häufig Eigenbedarf vorgetäuscht, um das Mietverhältnis mit den Mieter*innen
zu beenden. Um Missbrauch zu verhindern, wollen wir die gesetzliche Regelung für
die Eigenbedarfskündigung zu Wohnzwecken schärfen und Missbrauch stärker
ahnden. Den unbestimmten Begriff „Berechtigtes Interesse des Vermieters an der
Beendigung des Mietverhältnisses“ wollen wir streichen. Stattdessen nehmen wir im
Gesetz einen abschließenden Katalog der zulässigen Eigenbedarfskündigungen auf,
der auf enge Verwandte und die eigene Nutzung durch Vermieter*innen als
Wohnraum beschränkt ist. Zusätzlich wollen wir über rechtssichere Wege
sicherstellen, dass die Person, die Eigenbedarf anmeldet, auch tatsächlich für einen
längeren Zeitraum einzieht. Missbrauch wollen wir mit einem hohen Bußgeld und
Schadensersatz ahnden. Auch der Schutz für Betroffene muss gestärkt werden.
Insbesondere ältere Menschen müssen besser gegen den Verlust ihrer langjährigen
Wohnungen geschützt werden.
Heilungswirkung der verspäteten Mietzahlung auf ordentliche Kündigung
erweitern: Wenn Mieter*innen mit zwei Monatsmieten in Zahlungsverzug geraten,
können Vermieter*innen ihnen fristlos kündigen und zusätzlich eine ordentliche
Kündigung aussprechen. Begleichen Mieter*innen dann ihre Mietschulden, können
sie zwar die außerordentliche Kündigung ‘heilen’ und abwenden, die ordentliche
Kündigung aber bleibt bestehen. Die Folge: Das Mietverhältnis endet und die
Mieter*innen müssen ausziehen. Wir wollen, dass die Heilungswirkung – also die
Fortsetzung des Mietverhältnisses – durch Begleichen der rückständigen Miete nicht
nur bei fristloser, sondern auch bei ordentlicher Kündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1
BGB eintritt.
Umwandlungsverbot stärken: Wir wollen, dass die geltenden Ausnahmen für
Umwandlungsverbote auf ein Minimum reduziert werden und nur in Einzelfällen und
in Absprache mit den Kommunen geltend gemacht werden können. Wir fordern
zudem, bestehende Umwandlungsverbote z.B. auf Kommunen und Gebiete mit
angespanntem Wohnungsmarkt auszuweiten. Wir erwarten, dass die
Bundesregierung im Jahr 2019 einen Gesetzentwurf vorlegt, der Möglichkeiten zur
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen umfassend reduziert, wie beim
Wohngipfel im September 2018 und im Koalitionsausschuss im August 2019
vereinbart.
Mietverhältnisse zu sozialen Zwecken stärken: Um die zunehmende Vertreibung
sozialer und kultureller Projekte sowie von Kleingewerbetreibenden aus den
Innenstädten zu stoppen, wollen wir das soziale Mietrecht ausweiten. Für diese
Projekte sollen also ebenfalls Regelungen des sozialen Mietrechts gelten, wie etwa
ein effektiver Kündigungsschutz und eine Begrenzung zulässiger Mieterhöhungen,
denkbar ist auch die Einführung eines Gewerbemietspiegels. Ein solcher Schutz ist
unverzichtbar, um die vielfältige Mischung aus kleinen Gewerbebetrieben, sozialen
und kulturellen Projekten sowie Wohnraum in den Städten zu erhalten.
Umlagefähigkeit der Grundsteuer begrenzen: Das Grundsteuergesetz sieht als
Steuergegenstand der Grundsteuer den Grundbesitz vor. Die
Betriebskostenverordnung lässt dennoch die Umlage der Grundsteuer auf die Miete
zu, weil die Grundsteuer auch ein Äquivalent für die Leistungen der Kommune
gegenüber ihren Bürger*innen ist. Doch auch nach dem sogenannten
Äquivalenzprinzip ist es nicht akzeptabel, dass Wohnungsbesitzer*innen, die ihre
Wohnungen vermieten, die Grundsteuer vollständig umlegen können. Gerade der
vermietbare Immobilienbesitz wird erst durch die kommunale Infrastruktur
wirtschaftlich nutzbar. Deshalb ist eine mindestens hälftige Beteiligung der
Eigentümer*innen an der Grundsteuer nur fair. Der Wert der Immobilie und die
aufrufbare Miethöhe bestimmen sich in erheblichem Maße durch das von der
Kommune geschaffene Wohnumfeld.
Schlupfloch möblierte Wohnungen schließen: Grundsätzlich gelten die
Regelungen der Mietpreisbremse auch für möblierte Wohnungen. Allerdings ist sie in
der Praxis kaum anwendbar. Denn Vermieter*innen dürfen bei Wohnungen für die
zusätzliche Ausstattung einen Aufschlag auf den Mietpreis verlangen. In der Regel
entspricht dieser monatlich zwei Prozent des Zeitwerts der Möbel. Geben
Vermieter*innen den Möbelzuschlag im Vertrag an, so können die Mieter*innen
prüfen, ob er angemessen ist. Doch üblicher ist es, den Möbelzuschlag nicht
gesondert auszuweisen. Wenn Mieter*innen nicht wissen, wie viel sie für die
bereitgestellten Möbel bezahlen und wie viel für die Miete, können sie nur schwer
gegen eine überhöhte Miete vorgehen. Wir wollen deshalb, dass Vermieter*innen bei
möblierten Wohnungen verpflichtet sind, den Möbelzuschlag gesondert auszuweisen
und auf Verlangen entsprechende Quittung vorzulegen.

2. Gemeinwohlorientierte Wohnraumförderung für breite Teile der
Gesellschaft
Problem:
In den deutschen Großstädten fehlen rund 1,9 Millionen günstige Wohnungen und der
Bestand an Sozialwohnungen schrumpft weiter. Allein im vergangenen Jahr fielen der
Statistik zufolge bundesweit rund 70.000 Sozialwohnungen aus der Bindung, etwa 27.000
wurden neu gebaut. Obwohl in Großstädten zwischen 40 und 50 Prozent der Haushalte –
und damit breite Teile der Gesellschaft – theoretisch Anspruch auf eine Sozialwohnung
haben, sind lediglich 5,4 Prozent aller Mietwohnungen Sozialwohnungen. Zudem steigt
durch die demografische Entwicklung auch der Bedarf an altersgerechten Wohnungen.
Menschen, die auf bezahlbaren, barrierearmen oder barrierefreien Wohnraum angewiesen
sind, können somit immer weniger vor Marktdynamiken geschützt werden.
Ziel:
Wir wollen, dass alle Menschen, die sich Marktmieten nicht leisten können oder aus anderen
Gründen vom privaten Mietmarkt ausgeschlossen sind, Zugang zu öffentlich gefördertem
Wohnraum mit langfristiger Mietpreisbindung haben. Dafür brauchen wir einen soliden
Bestand an Sozialwohnungen – vor allem in angespannten Wohnungsmärkten. Auch
gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen leisten einen wichtigen Beitrag und sollten im
Gegenzug Unterstützung durch die öffentliche Hand erfahren. Was einmal öffentlich
geförderter Wohnraum ist, sollte es auch langfristig bleiben.
Lösungen:
Hohe Förderung verstetigen: Wir haben mit der Grundgesetzänderung in dieser
Legislaturperiode die Grundvoraussetzungen geschaffen, die Länder und Kommunen
ab dem Jahr 2020 weiterhin bei der Schaffung von erschwinglichen Wohnungen zu
unterstützen. Allein in dieser Legislaturperiode fördert der Bund den sozialen
Wohnungsbau mit 5 Mrd. Euro. Diese Förderung müssen wir weiter hochfahren. Bis
2030 wollen wir den Bestand an Sozialwohnungen wieder erheblich ausbauen. Dafür
brauchen wir mindestens 100.000 neue Sozialwohnungen jedes Jahr. Zu diesem
Zweck müssen wir auch kommunale Wohnungsunternehmen besser unterstützen
und ihre Neugründung befördern. Sie stellen den Hauptanteil an sozialen
Wohnungen und sind als Marktkorrektiv zwingend erforderlich. Dabei muss bei der
Förderung des Sozialen Wohnungsbaus der Bau von altersgerechten Wohnungen
stärker als bisher berücksichtigt werden. Um den Bedarf an Wohnraum für Menschen
mit unterschiedlichen Einschränkungen angemessen zu decken, sollte auch der
individuelle Umbau von bestehenden Wohnhäusern hin zu Barrierefreiheit
schrittweise erfolgen können und verstärkt förderungsfähig sein.
Kauf von Belegungsrechten unterstützen: Sozialer Wohnungsneubau braucht
Zeit. Zudem sind die Baukapazitäten in einigen Wohnungsmärkten beinahe
ausgeschöpft oder aber es fehlt Bauland für mehr sozialen Wohnungsbau. Wo Mittel
für den Neubau nicht verausgabt werden, müssen kommunale
Wohnungsbauunternehmen oder andere gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften
in die Lage versetzt werden, Belegungsrechte für Sozialwohnungen zu verlängern
und neue zu kaufen. So kann schnell auf die Engpässe reagiert werden.
Bundesmittel für Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt:
Im Bereich der sozialen Wohnraumförderung liegt seit der Föderalismusreform I im
Jahr 2006 die ausschließliche Zuständigkeit bei den Ländern. Im Anschluss an die
Änderung des Grundgesetzes halten wir es für gerecht, wenn sich die Länder in
mindestens gleichen Teilen an der Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung
beteiligen. Gleichwohl haben nicht alle Länder die gleichen finanziellen
Rahmenbedingungen oder auch den gleichen Bedarf. Mittel, die nicht abgerufen
werden, sollten an Länder mit erhöhtem Bedarf weitergegeben werden können.
Darüber hinaus sollten Bundesmittel entsprechend des Anteils an Einwohnern in
Gebieten mit angespannter Wohnungsmarktlage verteilt werden, damit der soziale
Wohnungsbau in Städten mit Mietpreisbremse bzw. Kappungsgrenzenverordnung
besonders schnell vorankommt — denn dort ist der Bedarf am dringendsten.
Eine neue Gemeinnützigkeit begründen: Außerdem wollen wir durch einen
Sozialpakt zwischen Wohnungswirtschaft, Mieter*innen und der öffentlichen Hand
eine neue Gemeinnützigkeit begründen, welche die Förderung des sozialen
Wohnungsbaus an die Dauer der Mietpreisbindung knüpft. Je länger die soziale
Bindung des Wohnraums, umso höher die Förderung durch Zuschüsse,
Bereitstellung günstigen Baulands oder Steuerabschreibungen. Auf diesem Wege
soll ein breites und räumlich verteiltes Angebot von dauerhaft belegungs- und
mietpreisgebundenen Wohnungen entstehen. Die Gemeinnützigkeit wollen wir an
einer Renditebegrenzung von vier Prozent festmachen. Mehreinnahmen müssen
ansonsten wieder ins Mietobjekt und die Mietumgebung fließen.
Die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit angemessenem
Wohnraum als Gemeinwohlziel im Gesetz verankern: Da in Wachstumsregionen
ein dringender Bedarf der Bevölkerung an Wohnungen besteht, deren
Mietbelastungen ein Drittel des zur Verfügung stehenden Einkommens der Haushalte
nicht überschreitet, und dies vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung
erfolgen soll, muss der Gesetzgeber – wo immer im Gesetz vom Wohl der
Allgemeinheit die Rede ist – die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit
angemessenem Wohnraum als ein legitimes Gemeinwohlziel benennen. Dies
erleichtert den Gesetzesvollzug der Gemeinden.
Antworten auf verschiedene Lebensphasen ermöglichen: Viele Menschen haben
mittlerweile Angst, dass die nächste Lebensphase einen Umzug mit sich bringt, der in
der Regel eine Mieterhöhung und nicht selten ein Armutsrisiko bedeutet. Dies führt
dazu, dass gerade in Großstädten viele Menschen in Wohnungen wohnen bleiben,
die nicht ihren Bedürfnissen entsprechen, sei es bezogen auf die Wohnungsgröße
oder auch auf Barrierefreiheit. Wenn wir eine sozialverantwortliche Wohnungspolitik
wollen, müssen wir genügend Wohnungen für alle Menschen in jeder Lebensphase
anbieten. Aufgrund des demographischen Wandels ist insbesondere die Förderung
von altersgerechtem, barrierearmem und barrierefreiem Wohnraum wichtig. Auch
Familien haben spezielle Bedürfnisse, ebenso wie Studierende und Auszubildende,
worauf ein gemeinwohlorientierter Wohnungsmarkt Antworten finden muss. Die
Schaffung neuer Wohnheimplätze für Studierende und Auszubildende ist ein
wichtiger Baustein.
Wohnungstausch ermöglichen: Auch Wohnungstauschangebote können dabei
helfen, die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Denn
viele Menschen würden gerne umziehen und den Wohnraum den sich verändernden
Lebensverhältnissen anpassen. Bislang scheitert ein solcher Tausch häufig daran,
dass dies wegen der Gefahr eines deutlich höheren Mietpreises bei der Anmietung
von Wohnungen durch neue Vertragspartner*innen im Zuge des Wohnungstauschs
häufig unattraktiv erscheint, insbesondere für ältere Menschen mit bereits lange
laufenden Mietverträgen. Möglichkeiten zum Wohnungstausch könnten
beispielsweise ältere Menschen nach dem Auszug ihrer Kinder dazu motivieren,
größere Mietwohnungen zum Tausch gegen eine kleinere Wohnung an junge
Familien abzugeben. Älteren Menschen muss es ermöglicht werden, in
serviceunterstützte, barrierefreie Wohnformen zu ziehen. So kann familiengerechter
Wohnraum denen zur Verfügung gestellt werden, die ihn benötigen. Deshalb setzen
wir uns für eine Förderung entsprechender Angebote ein.
Wohnungslosigkeit verhindern: Wohnen ist ein essentielles Grundbedürfnis. Daher
müssen wir Wohnungslosigkeit unter allen Umständen verhindern und präventiv
eingreifen. Die Anzeichen von drohendem Wohnungsverlust zeigen sich oft durch
zögerliche Mietzahlungen. Wir glauben, dass Präventionsfachstellen in Kommunen
und Landkreisen einen Beitrag leisten könnten, Wohnungsverlust zu vermeiden.
Daher fordern wir ein Modellvorhaben „Präventionsfachstellen“.

3. Bodenpolitik am Gemeinwohl ausrichten
Problem: Boden ist weder vermehrbar noch ersetzbar. Daher ist er nicht mit anderen
Wirtschaftsgütern gleichzusetzen. Doch in den vergangenen Jahren ist das Verhältnis
zwischen Staat und Markt bei diesem knappen Gut aus dem Gleichgewicht geraten. Auch
aufgrund der niedrigen Zinsen strömt Kapital aus dem In- und Ausland in die städtischen
Boden- und Immobilienmärkte und lässt dort die Preise steigen. Boden ist also zu einem
Spekulationsobjekt geworden. In den größten Städten haben sich die Bodenpreise innerhalb
von fünf Jahren verdoppelt. Auf teurem Grund kann aller Bemühungen der
Baukostensenkung zum Trotz kein bezahlbarer Wohnraum entstehen.
Ziel: Der Umgang mit Grund und Boden ist von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung
und muss sich deshalb am Gemeinwohl orientieren. Unser Ziel ist es, Grund und Boden in
öffentlicher Hand zu bewahren bzw. wieder vermehrt dort zu bevorraten. Die
Handlungsfähigkeit der Kommunen bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnungsneubau
muss gestärkt und leistungslose Bodenwertsteigerungen durch öffentliche Investitionen
müssen an die Gesellschaft zurückgegeben werden.
Lösung:
Gemeinwohlorientierte und aktive Liegenschaftspolitik ausbauen: Für eine am
Gemeinwohl orientierte Bodenpolitik, brauchen wir einen gestaltungswilligen und
handlungsfähigen Staat. Dafür muss er den Bestand an Grund und Boden in
öffentlicher Hand erhalten und vermehren. Stellt er Flächen Privaten zur Verfügung,
soll das Erbbaurecht als Regelfall gelten. Wenn Grundstücke aus öffentlicher Hand
veräußert werden, darf nicht allein die Höhe des Gebotes über einen Zuschlag
entscheiden, sondern das vorgelegte, an Gemeinwohlzielen orientierte Konzept. Die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben geht hier mit ihrer neuen Liegenschaftspolitik
mit positivem Beispiel voran, wenn sie etwa Grundstücke für Zwecke des sozialen
Wohnungsbaus günstiger abgibt. Diese gemeinwohlorientierte Liegenschaftspolitik
wollen wir auch bei der Vergabe von Erbpachten anwenden und auf das
Bundeseisenbahnvermögen und die Deutsche Bahn AG übertragen. Die dafür
notwendigen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen wollen wir in der
Bundeshaushaltsordnung verankern.
Kommunale Handlungsfähigkeit im unbeplanten Innenbereich stärken: Nahezu
die Hälfte aller Wohnungsbautätigkeit findet in Gebieten ohne Bebauungsplan auf
Grundlage der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben des § 34 BauGB statt.
Kommunen, die unter mangelnder Wohnraumversorgung leiden, brauchen hier mehr
Gestaltungs- und Durchsetzungskraft. Zur Stärkung der Gemeinwohlziele in der
Innenentwicklung schlagen wir vor, die Festsetzungsmöglichkeiten in einfachen
Bebauungsplänen durch einen neuen § 9 Abs. 2d BauGB zu erweitern, der in
definierten Bereichen für neue Bauvorhaben mittels sektoraler Bebauungspläne
einen Beitrag zum Gemeinwohl, insbesondere die Festlegung des Anteils an
gefördertem Wohnungsbau, als Genehmigungsvoraussetzung ermöglicht. Damit
würde die planerische Steuerung der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen
insbesondere im Wege der Nachverdichtung erleichtert.
Baugebote schärfen und Innenentwicklungsmaßnahme einführen: Seit Jahren
klafft eine große Lücke zwischen den Baugenehmigungen und den
Baufertigstellungen. Bauanträge werden zum Teil nur gestellt, um das Grundstück
nach erteilter Baugenehmigung mit enormen Wertsteigerungen weiterzuverkaufen.
Baugebote werden bislang aber nur zögerlich angewendet. Die Anordnung und der
Vollzug von Baugeboten muss für Gemeinden erleichtert werden. Baugebote sollten
immer dann ausgesprochen werden können, wenn die ausreichende Versorgung der
Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist. Die
Beweislast bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit der Bebauung muss umgekehrt und
objektiviert werden, da Eigentümer*innen dies besser als die Gemeinde beurteilen
können. Das Übernahmeverlangen gegenüber der Gemeinde soll von dieser auch
zugunsten Dritter angenommen werden können, die sich zur zügigen Verwirklichung
des Vorhabens verpflichten. Ein weiterer zweckmäßiger Ansatz zur besseren
Ausgestaltung des Baugebotes besteht in der Innenentwicklungsmaßnahme (IEM).
Im Wohnungsbestand den Milieuschutz verbessern: Zur Erhaltung der sozialen
Durchmischung und als Instrument gegen Gentrifizierungsprozesse stellt der
Bundesgesetzgeber Kommunen die sogenannte Milieuschutzsatzung zur Verfügung.
In den Milieuschutzgebieten erfolgt die Verdrängung der angestammten Bevölkerung
in der Regel durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Das
Instrument der Milieuschutzsatzung muss dringend nachgeschärft und seine
Anwendung für die Kommunen erleichtert werden, insbesondere müssen
Ausnahmeregelungen für Umwandlungen in diesen Gebieten auf ein Mindestmaß
reduziert werden.
Öffentliche Grundstücksverkäufe in Bodenwertermittlung einfließen lassen:
Preisgedämpfte Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand fließen aktuell nicht in
die Ermittlung von Bodenwerten ein. Das wollen wir ändern, damit sie ein
realistisches Bild der tatsächlich gezahlten Bodenpreise widerspiegeln und eine
bremsende Wirkung auf die Bodenpreise entfalten.
Preislimitiertes Vorkaufsrecht ausweiten: Der Zugriff auf für eine
gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung erforderliche Flächen, insbesondere zur
Errichtung bezahlbaren Wohnraums, kann durch die Stärkung des Vorkaufsrechts
erleichtert werden. Wir fordern die Schaffung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts,
wenn in einer Gemeinde oder dem Teil einer Gemeinde die Versorgung der
Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen in Gefahr ist. Dieses
Vorkaufsrecht muss preislimitiert auf Basis des Ertragswerts (sozial verträglich
erzielbare Miete) sein, um überhöhte Ankaufspreise zu verhindern.
Kommunale Bodenfonds unterstützen: Um den Städten und Gemeinden eine
aktive und nachhaltige Bodenbevorratung zu ermöglichen und Handlungsspielräume
für die Stadtentwicklung zu erweitern, sollten vermehrt Bodenfonds auf regionaler
oder kommunaler Ebene eingerichtet werden. Bund und Länder sollten diese
flankierend unterstützen, z.B. durch die verbilligte Abgabe von entbehrlichen
Grundstücken, auch zur Bodenbevorratung, und die Unterstützung durch eigene
Baulandentwicklungsfonds. Kommunale Bodenfonds können auch einen wichtigen
Beitrag zur Reaktivierung von Brachflächen und Sanierung von Altlasten bringen, um
Flächen zu reaktivieren und damit die Inanspruchnahmen des Außenbereichs
entgegen zu wirken. Diese Möglichkeiten sollte durch entsprechende
Förderprogramme unterstützt werden.
Grundsteuer C nutzen: Wir bekennen uns zum Erhalt der Grundsteuer, weil sie eine
zentrale Finanzierungsquelle ist, um die technische, soziale, ökologische und
kulturelle Infrastruktur in den Kommunen zu finanzieren. Wir wollen kein
Grundsteuerdumping zwischen einzelnen Bundesländern. Mit der neu geschaffenen
Grundsteuer C wollen wir zusätzliches Bauland aktivieren, Bodenspekulationen
bekämpfen und die Inanspruchnahme des Außenbereichs begrenzen.
Gewinne aus leistungslosen Bodenwertsteigerungen gerecht besteuern: Die
Bodenbesteuerung in Deutschland entspricht nicht mehr den Anforderungen an eine
gemeinwohlorientierte und nachhaltige Bodenpolitik. Deshalb werden wir die
Bodenbesteuerung verbessern. Denkbar sind hier verschiedene Instrumente: Für
nicht selbst genutzte Immobilien bzw. Grundstücke (§ 23 EStG) wollen wir die
Steuerfreiheit bei der Veräußerung (10-Jahres-Frist) abschaffen, beziehungsweise
nur dann in Aussicht stellen, wenn Grundstücke und Immobilien durch die
Veräußerung einer gemeinwohlorientierten Verwendung zugeführt werden. Die
Einführung einer Bodenwertzuwachssteuer kann ebenso dazu beitragen, die
Allgemeinheit auch an denjenigen Bodenwertgewinnen teilhaben zu lassen, die den
Grundeigentümer*innen durch die kontinuierliche Verbesserung der „allgemeinen
Marktbedingungen“ zufallen. Kapitalgewinne dürfen steuerlich niemals besser gestellt
sein als Arbeit. Die zusätzlichen Steuereinnahmen können kommunalen Bodenfonds
zugutekommen.
Planungswertausgleich einführen: Um Spekulation mit Grund und Boden
einzudämmen, müssen unverdiente Wertsteigerungen, die durch Leistungen der
Allgemeinheit und der Steuerzahler*innen entstanden sind, etwa eine neue
Bahnhaltestelle oder die Neugestaltung eines Parks, der Gesellschaft wieder
zugeführt werden. Zum einen kann hierdurch ein Beitrag zur Finanzierung wichtiger
Gemeinwohlziele in der Stadtentwicklung geleistet werden. Zum anderen wird der im
derzeitigen System angelegten Vermögensverschiebung zu Lasten breiter Schichten
der Bevölkerung entgegengewirkt. Wir fordern daher die Einführung eines
Planungswertausgleichs im BauGB. Dies würde sowohl die Steuerungsmöglichkeiten
der öffentlichen Hand stärken als auch eine gleichmäßige Abschöpfung der
planungsbedingten Bodenwertsteigerung ermöglichen. Anders als bei der
Vereinbarung städtebaulicher Verträge, wäre diese unabhängig von einer für ein
konkretes Grundstück erforderlichen Infrastruktur und damit für die Gemeinde
flexibler einsetzbar.

4. Staat und Wirtschaft gemeinsam für ein schnelleres Bauen
Problem: Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, besonders in Ballungsräumen, übersteigt
das Angebot dramatisch. 2017 wurden nur knapp 285.000 neue Wohnungen gebaut, obwohl
jährlich ca. 350.000 bis 400.000 Wohnungen entstehen müssten, um die große Nachfrage zu
decken. Es müssen also mehr und vor allem schneller bezahlbare Wohnungen gebaut
werden.
Ziel: Dieser Missstand kann nur durch eine gemeinsame Anstrengung der öffentlichen Hand
und der Wohnungswirtschaft beseitigt werden. Ziel ist es, dass es adäquate und bezahlbare
Wohnungen für alle Menschen überall in diesem Land gibt.
Lösung:
Wohnungsunternehmen müssen Verantwortung übernehmen:
Wohnungsunternehmen profitieren seit Jahren von einem beispiellosen
Immobilienboom, der ihnen Millionengewinne beschert. Wir erwarten deshalb, dass
sie Verantwortung übernehmen; ihre Kapazitäten ausbauen, Fachkräfte ausbilden
und einstellen und in moderne Technologie und Innovationen, zum Beispiel im
Bereich serielles und modulares Bauen, investieren.
Personal der Kommunen und Länder ausbauen: Gleichzeitig müssen auch Bund,
Länder und Kommunen auf die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt
reagieren und wieder Personal in Bau- und Planungsämtern aufbauen, die in den
vergangenen 25 Jahren stark ausgedünnt wurden. Hierzu sollten
Entwicklungsgesellschaften auf regionaler und Landesebene eingeführt werden. Die
öffentliche Hand kann zu einer Baubeschleunigung beitragen, indem sie das
Vergaberecht vereinfacht, die konsequente Digitalisierung planungsrechtlicher und
bauaufsichtlicher Verfahren betreibt und Bauland mobilisiert.
Mitarbeiter*innenwohnen unterstützen: Wir finden es gut, wenn Unternehmen
Verantwortung für ihre Mitarbeiter*innen übernehmen und ihnen bezahlbaren
Wohnraum zur Verfügung stellen. Die Bereitstellung von Werkswohnungen wollen wir
steuerlich fördern. Es ist gut, dass das Bundesfinanzministerium im
Jahressteuergesetz 2019 Verbesserungen vorgenommen hat und die Bereitstellung
von Werkswohnungen mit bezahlbaren Mieten nicht mehr als Steuervorteil behandelt.
Auch der Bund muss Verantwortung für seine Bundesbediensteten übernehmen. Die
Wohnungsfürsorge wollen wir weiter ausbauen!

5. Mehr Transparenz schaffen
Problem:
Ein Grund für steigende Miet- und Kaufpreise von Wohnungen ist die mangelnde
Transparenz des Immobilienmarktes. Zudem ist der Immobilienmarkt zu einem der
Hauptschauplätze der Globalisierung der Finanzmärkte geworden. Immer mehr
Vermieter*innen, oftmals internationale Finanzinvestor*innen, haben ihren Sitz im Ausland.
Kontaktaufnahmen oder im Ernstfall auch gerichtliche Auseinandersetzungen werden oft
erschwert, weil bestimmte Vermieter*innen ihren Firmensitz von einem Steuerparadies ins
andere verlegen. Die mangelnde Transparenz ermöglicht es Kriminellen außerdem,
Milliarden mit Immobilien in Deutschland zu waschen – auch dies befeuert den Anstieg von
Immobilienpreisen.
Ziel:
Wir brauchen mehr Transparenz auf dem deutschen Immobilienmarkt. Für Mieter*innen
muss jederzeit transparent sein, wem ihre Wohnung gehört und wie sie zu ihren
Vermieter*innen Kontakt aufnehmen können. Darüber hinaus dürfen Immobilien für
Kriminelle keine einfache Möglichkeit bieten, ihr Geld zu waschen und damit auch noch
Wohnungspreise nach oben zu treiben. Auch auf dem Online-Vermietungsmarkt brauchen
wir mehr Transparenz.
Lösungen:
Immobilienregister einführen: Wir wollen ein zentrales, transparentes
Immobilienregister nach dänischem Vorbild einführen, in dem die tatsächlichen
Eigentümer*innen aufgeführt werden. Darüber hinaus sollte eine Offenlegungspflicht
in Bezug auf die Herkunft der für den Immobilienerwerb benötigten Finanzmittel
geprüft werden. Dies wären wirksame Maßnahmen, um Geldwäsche im deutschen
Immobiliensektor zu verhindern. Für die Geldwäschefahndung im Immobiliensektor
benötigen wir zudem mehr Personal.
Vermieter*innen zu ladungsfähiger Adresse verpflichten:
Immobilieneigentümer*innen – auch internationale Investor*innen, die in Deutschland
Wohnungen vermieten – sollen verpflichtet werden, eine ladungsfähige Anschrift in
Deutschland anzugeben.
Digitales Mieterfassungssystem einführen: Wir schlagen vor, dass künftig die
Meldebehörden bei der Anmeldung einer Wohnung automatisch alle
Neuvertragsmieten erfassen. Bestehende Mietverträge sollen den Behörden freiwillig
durch eine der beiden Vertragsparteien gemeldet werden können. Auf Sicht ließen
sich auf diese Weise Mietspiegel automatisch und rechtssicher erstellen.
Online-Vermietungsplattformen der Sharing Economy regulieren und gerecht
besteuern: Online-Vermietungsplattformen wie Airbnb entziehen dem
Wohnungsmarkt wichtigen Wohnraum und tragen so erheblich zur Wohnungsnot und
steigenden Mieten in vielen Städten bei. Gleichzeitig zahlen diese Plattformen
weniger Steuern als Hotels und Hostels. Das muss sich ändern: Vermietungsportale
müssen angemessen besteuert werden. Des Weiteren sollen OnlineVermietungsplattformen Auskünfte über Vermieter*innen erteilen, deren Inserate
nicht über eine gesetzlich vorgeschriebene gültige Registriernummer verfügen und
damit illegal sind. Wir wollen, dass Wohnungen nur mit Genehmigung des
zuständigen Amtes zu anderen als Wohnzwecken genutzt werden. Städte wie Berlin,
Hamburg und München haben mit Zweckentfremdungsgesetzen gezeigt, wie dies
rechtlich funktioniert. Wichtig ist, dass die Einhaltung anschließend von ausreichend
Personal kontrolliert wird.

6. Den Weg in die eigenen vier Wände erleichtern
Problem:
Viele Menschen träumen von den eigenen vier Wänden, um Sicherheit zu haben langfristig
in ihrem gewohnten Umfeld bleiben zu können und für das Alter vorzusorgen. Dies scheitert
oftmals an hohen Kaufnebenkosten, die nicht als Darlehen aufgenommen werden können
und mittlerweile ca. 15 Prozent der Erwerbssumme ausmachen.
Ziel:
Ziel sozialdemokratischer Politik ist es, jedem zu ermöglichen so zu leben, wie er oder sie es
möchte, ob in der Stadt oder auf dem Land, in einer Mietwohnung oder den eigenen vier
Wänden. Für Menschen, die sich für selbst genutztes Wohneigentum entscheiden, wollen wir
daher die Kaufnebenkosten spürbar senken. Dadurch kann mehr Eigenkapital in die
Finanzierung, Renovierungsleistungen oder alters- und familiengerechte Umbaumaßnahmen
fließen. Außerdem wollen wir den sogenannten ‘Mietkauf’ fördern, um
einkommensschwächeren Haushalten ohne nennenswertes Eigenkapital den Erwerb von
Wohneigentum zu ermöglichen und sie zugleich vor Überschuldung zu schützen.
Lösungen:
Maklerkosten senken: Wir wollen Maklergebühren für Erwerber*innen von
Wohnungen oder Einfamilienhäusern senken, um den Eigentumserwerb von
selbstgenutztem Wohnraum zu erleichtern. Deswegen ist es ein großer Erfolg, dass
sich die Koalition auf Druck der SPD darauf geeinigt hat, dass künftig Käufer*innen
einer Immobilie maximal die Hälfte der Maklerkosten tragen müssen, wenn sie
die*den Makler*in nicht beauftragt haben. Unser Ziel ist weiterhin, dass das Prinzip,
wer bestellt, der*die zahlt, auch für den Erwerb von Wohneigentum in Gänze
eingeführt wird. Darüber hinaus setzen wir uns für eine weitere Entlastung von
Käufer*innen bei den Erwerbsnebenkosten ein.
Mietkauf fördern: Für junge und einkommensschwache Haushalte, die über kein
nennenswertes Eigenkapital verfügen, wollen wir den Mietkauf einführen. Hier tritt der
Staat in Vorleistung und finanziert und beauftragt den Bau von
Eigentumswohnungen. Die Käufer*innen erwerben diese Wohnungen dann
sukzessive über laufende Zahlungen (Tilgungen) an den Staat, die vergleichbar sind
mit monatlichen Mietzahlungen. Die Vorteile für die Käufer*innen sind, dass kein oder
kaum Eigenkapital eingebracht werden muss, Planungssicherheit durch stabile
monatliche Tilgungsraten gewährt wird, Vermögen für die Altersvorsorge aufgebaut
wird und keine Gefahr der Überschuldung besteht.
Genossenschaften stärken: Die Beteiligung an Genossenschaften muss für den
Einzelnen auch über Baudarlehen möglich sein. Dabei muss es auch
Nachrangdarlehen mit langer Laufzeit und Zinsbindung geben, die
eigenkapitalähnlichen Charakter haben. Denkbar ist auch eine Verknüpfung mit dem
sozialen Wohnungsbau in Form einer Zuschussförderung, damit auch Haushalte mit
niedrigen Einkommen in genossenschaftliche Neubauten einziehen können. Zudem
soll der Erwerb von Genossenschaftsanteilen in das Programm „Baukindergeld“
aufgenommen werden. Wenn wir das im Koalitionsvertrag vereinbarte KfWBürgschaftsprogramm mit 20-jähriger Laufzeit einführen, sollten auch
Wohnungsbaugenossenschaften, besonders solche mit geringem Wohnungsbestand,
beim Bau und Erwerb von Wohnungen davon profitieren können.

7. Attraktive ländliche Räume und Innenentwicklung stärken
Problem:
Während große Städte wachsen, schrumpft in vielen ländlichen Gemeinden und kleinen und
mittleren Städten die Zahl der Einwohner*innen. Teilweise weil Menschen sich bewusst für
Städte entscheiden, teilweise aber auch, weil es in ländlichen Regionen an der für
gleichwertige Lebensverhältnisse notwendigen Infrastruktur mangelt. Alle, die den ländlichen
Raum verlassen, erhöhen auch den Druck auf den Wohnungsmarkt in den Städten.
Ziel:
Viele Menschen leben bewusst und gerne im ländlichen Raum. Damit das auch in der
Zukunft so bleibt, müssen wir die Lebensqualität in ländlichen Regionen erhalten und
verbessern. Wir wollen gleiche Chancen für Dörfer und Städte.
Lösungen:
Städtebauförderung auf hohem Niveau fortführen: Die Städtebauförderung sorgt
nicht nur für eine gute bauliche Entwicklung unserer Kommunen und ihrer Quartiere,
sie ist auch ein unverzichtbarer Beitrag für eine gute Lebensqualität, für sozialen
Zusammenhalt und lebendige Nachbarschaften. Bislang fließen die
Städtebaufördermittel etwa zu gleichen Teilen in ländliche und in städtische Räume.
Alle Kommunen haben einen hohen Investitionsstau in vielen Bereichen der
kommunalen Infrastruktur. Die Städtebauförderung leistet einen wichtigen Beitrag
zum Abbau dieser Defizite und sollte deswegen nicht mehr degressiv und zeitlich
befristet ausgestaltet werden. Auch nach ihrer Neuordnung muss die
Städtebauförderung mindestens auf dem heutigen Niveau fortgeführt werden.
Infrastruktur sichern und ausbauen: Der Sonderrahmenplan Ländliche
Entwicklung innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz
muss noch stärker die soziale und technische Infrastruktur ausbauen. Mit
zusätzlichen Bus- und Bahnverbindungen, einer besseren Mobilfunkversorgung
durch staatlich geförderte Mobilfunkmaste, einen schnelleren Breitbandausbau sowie
eine bessere Versorgung im Bereich Medizin und Pflege sowie Bildung und
Kinderbetreuung wollen wir das Leben in den ländlichen Regionen lebenswert halten
und verbessern.
Interkommunale Kooperationen stärken: Einen Beitrag zur besseren Versorgung
mit sozialer, digitaler, medizinischer und Bildungsinfrastruktur auf dem Land und
bezahlbarem Wohnraum in den Städten können auch bessere Stadt-UmlandKooperationen und interkommunale Kooperationen leisten. Diese wollen wir im Zuge
der Neustrukturierung der Städtebauförderung besser unterstützen.
Flächenfraß verhindern: Ortskerne müssen lebendig gehalten und Leerstand
bekämpft werden. Daher gilt für uns gerade auch im ländlichen Raum die Leitidee:
Innen- vor Außenentwicklung. Eine verstärkte Neubautätigkeit am Stadtrand und auf
der grünen Wiese lässt Infrastrukturen und soziale Räume in Ortskernen veröden.
Und es gehen damit auch der Landwirtschaft und dem Naturschutz Flächen verloren,
wodurch die Preisspirale auf dem Bodenmarkt weiter angeheizt wird.
Baulandmobilisierung im Außenbereich sollte daher nur in absoluten Ausnahmefällen
und sehr dicht besiedelten Regionen erfolgen. Eine Verlängerung des § 13 b BauGB
ist kontraproduktiv; sie führt zu einer weiteren Zersiedlung der ländlichen Räume und
stellt das im Januar 2017 verschärfte Ziel der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie,
den Flächenverbrauch bis 2030 auf unter 30 ha / Tag zu verringern in Frage.
Nachdem wir in der vergangenen Legislaturperiode die Gebietskategorie „Urbanes
Gebiet“ eingeführt haben, werden wir auch für ländliche Räume eine äquivalente
Gebietskategorie zur Stärkung der Dorfkerne einführen. Als Beitrag gegen
Flächenfraß wollen wir Nachverdichtungen und Aufstockungen im Innenbereich
erleichtern, zum Beispiel durch Anpassungen der Baunutzungsverordnung und
erleichterte Befreiungen von Bebauungsplänen, wenn eine besondere Gefährdung
der Wohnraumversorgung der Bevölkerung zu angemessenen Bedingungen vorliegt.
Wir sind überzeugt, dass wir mit den vorgeschlagenen Maßnahmen die dringend notwendige
Trendwende auf dem Wohnungsmarkt schaffen können. Dafür braucht es aber auch die
politische Priorisierung. Wir wollen Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung in der
Bundesregierung eine stärkere Stimme geben. Mit der Bildung eines eigenständigen
Ausschusses für „Bauen, Wohnen Stadtentwicklung und Kommunen“ hat das Parlament der
wachsenden Bedeutung dieser Themen Rechnung getragen. Der derzeitige
Kabinettzuschnitt bringt die Bedeutung der Herausforderungen jedoch nicht zum Ausdruck.
Das Thema bezahlbares Wohnen genießt im Bundesinnenministerium trotz bestehender
Wohnungsnot keine absolute Priorität, obwohl die Beseitigung der Wohnungsnot und
Schaffung bezahlbaren Wohnraums „die soziale Frage des 21. Jahrhunderts” ist. Wir fordern
daher, dass es ein eigenständiges Ministerium für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und
Kommunen gibt. Die Herausforderungen des Klimaschutzes, der Wohnungsneubau,
verbesserte Raumordnung mitsamt Stärkung der ländlichen Räume, Maßnahmen für
schnelleres, nachhaltigeres und kostengünstigeres Bauen und Unterstützung beim Weg in
die eigenen vier Wände sind Aufgaben, die mit ganzer Kraft betrieben werden müssen und
unter ein Dach gehören. Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse hängt maßgeblich
von einer guten infrastrukturellen Ausstattung der Kommunen ab. Erst dadurch wird
gerechtfertigt, dass sich der Bund mit der Frage befasst, wie Heimat von den Menschen
erfahren wird.

Quelle: SPD